1. Deutlicher Anstieg der Bevölkerung
Schon seit Jahrzehnten hält der Wohnungsbau in Deutschland nicht mit der Entwicklung der Einwohnerzahlen stand. Das liegt nach Experteneinschätzung auch daran, dass sich die Bevölkerungszahlen nicht wie erwartet entwickelt haben. So nahm die Bevölkerung in (West)Deutschland in der Zeit von 1975 bis 1985 ab, weshalb diese Entwicklung von den Demographen auch für die Folgejahre erwartet wurde. In der Folge kam es zu einem deutlichen Rückgang des Wohnungsbaus, sowohl von privatem als auch von öffentlich gefördertem Wohnraum. Allerdings legte die Bevölkerung dann ab etwa 1985 wieder zu und machte mit der Wende sogar einen deutlichen Sprung nach oben. Trotzdem wurde der soziale Wohnungsbau nach der Wiedervereinigung weitgehend eingestellt, weshalb in den Folgejahren immer mehr Wohnungen aus der Sozialbindung fielen, die Mieten also nicht mehr gedeckt wurden.
2. Verringerung des Bestandes an Sozialwohnungen
Im Jahr 1987 gab es in Westdeutschland rund 5,5 Millionen Sozialwohnungen. Heute sind es weniger als ein Drittel davon, nämlich nur noch ca. 1,5 Millionen. Erschwerend kommt hinzu, dass jedes Jahr etwa 100.000 weitere Sozialwohnungen aus der Mietpreisbindung herausfallen, während nur in geringem Maß mit neuen Sozialwohnungen gegengesteuert wird. Das führt dazu, dass immer weniger Wohnungen mit einem niedrigen Mietpreisniveau auf dem Markt sind, während auf der anderen Seite der Bedarf aufgrund steigender Lebenshaltungskosten kontinuierlich ansteigt.
3. Vom Land in die Stadt
Die Binnenwanderung aus den weniger dicht besiedelten ländlichen Regionen in die Metropolen und Städte ist nicht nur im Osten ein weiterer wichtiger Grund für den Wohnraummangel. Vor allem junge Menschen zieht es mittlerweile immer häufiger in die Städte, auch, weil diese eine bessere Infrastruktur und deutlich mehr berufliche Perspektiven bieten.
4. Trend zu immer mehr Singlehaushalten
In rund 41 Prozent aller Haushalte in Deutschland lebt nur eine Person, mit steigender Tendenz. Auch im Bereich der Zweipersonenhaushalte liegt Deutschland deutlich über dem Mittel in der EU. Der Trend zu Singlehaushalten erhöht den Wohnungsbedarf, vor allem bei kleinen Wohnungen.
5. Wohnungsbau als Kapitalanlage
Im Steuerreformgesetz von 1990 wurde die Wohnungsgemeinnützigkeit aufgehoben, was zu einem stärker renditeorientierten Wohnungsbau führte. Durch die lange Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank wurden Immobilien sowie Bauland zunehmend attraktive Spekulationsobjekte. Dadurch hat sich etwa in Frankfurt der Preis für Bauland seit 2014 fast verdoppelt; der besorgniserregende Trend zeigt sich auch in anderen Großstädten.
Das Aufheben der Wohnungsgemeinnützigkeit hat es ermöglicht, dass Immobilienkonzerne im großen Stil Wohnungen erwerben, um diese möglichst gewinnbringend zu vermieten. Unter anderem wurden zahlreiche öffentlich geförderte Wohnungen von den Kommunen an private Investoren veräußert, um Haushaltslöcher zu stopfen. Die Investoren modernisieren die Wohnungen und können anschließend einen Teil der Kosten für die Modernisierungsmaßnahmen zeitlich unbefristet auf die Jahresmiete aufschlagen.
6. Komplexe baurechtliche Standards
Die Anzahl von rechtlichen Vorschriften für Neubauten ist in Deutschland deutlich höher als in anderen Ländern. Das sorgt für höhere Baukosten und längere Genehmigungsverfahren und verzögert generell die Errichtung von Neubauten. Sind die Wohnungen fertiggestellt, müssen die höheren Bau- und Projektkosten über höhere Mietpreise refinanziert werden.