1. Höhere Finanzierungskosten
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat im Sommer 2022 damit begonnen, ihre Zinspolitik zu ändern, und die Leitzinsen angehoben. Das hatte zur Folge, dass Banken ihre Kreditzinsen erhöhten, was sich wiederum direkt auf langfristige Immobilienkredite auswirkte, die sich ebenfalls verteuerten. Zudem stiegen die Zinsen erheblich; sie liegen mittlerweile bei etwa 4,0 Prozent. Die Auswirkungen auf Immobilienfinanzierungen sind folglich ebenfalls enorm, Steigerungen von 50 bis 80 Prozent sind keine Seltenheit. Unter den hohen Zinsen leiden nicht nur private Bauherren; auch große Konzerne wie die Vonovia stoppten 2023 aus Kostengründen den Bau aller rund 60.000 geplanten Wohnungen. Andere Projektentwickler stehen wirtschaftlich auch sehr kritisch da und kämpfen teilweise mit der Insolvenz.
2. Höhere Materialkosten
Aufgrund der langen Zeit mit anhaltend hoher Inflation haben sich die Kosten für Baustoffe deutlich erhöht. Beispielsweise sind Zement, Beton und auch Baukies im Vergleich zu 2015 um etwa 70 Prozent teurer geworden. Die Einkaufspreise für Betonstahl sind um rund 50 Prozent gestiegen, die für Bauholz und Kupfer um 40 Prozent. Laut Einschätzungen des statistischen Bundesamtes hat sich ein typisches Wohngebäude dadurch im Vergleich zu 2017 um mehr als 50 Prozent verteuert. Diese erhöhten Baukosten, zu denen noch die gestiegenen Finanzierungskosten kommen, können ausgerechnet von großen Bauträgern nicht voll auf die Kaltmieten umgelegt werden – denn die würden dann in Preisbereiche gelangen, in denen eine Vermietung oft gar nicht mehr möglich ist.
Die Kosten für einen Quadratmeter Neubau, die vor einigen Jahren noch rund 3.000 Euro betrugen, sind mittlerweile auf 5.000 Euro pro Quadratmeter angestiegen. Um kostendeckend bauen zu können, müssten Mieter eine Kaltmiete von etwa 20 Euro pro Quadratmeter zahlen, was selbst in Metropolen wie Berlin oder München nicht flächendeckend möglich ist.
3. Fehlendes Bauland
Es sind aber nicht nur die gestiegenen Kosten, die für zu wenig Neubau in Deutschland verantwortlich sind. Tatsächlich fehlt es zudem an vielen Stellen einfach an Bauland. Dabei ist es nicht so, dass geeignete Flächen generell knapp wären. Vielmehr sind es rechtliche Vorgaben und oft auch der Widerstand der Bürger vor Ort, die Bauvorhaben verhindern. Obwohl generell eine weitgehende Einigkeit darüber besteht, dass es mehr (bezahlbaren) Wohnraum in Deutschland dringend braucht, sind nur wenige geneigt und bereit, diesen auch in ihrer Nachbarschaft entstehen zu lassen. In der Folge weisen Kommunen immer weniger Bauland aus und versuchen, ggf. durch flankierende Maßnahmen wie die Aufstockung von Etagen, die Situation im Bestand zu entspannen –bisher mit eher mäßigem Erfolg.
4. Zu viel Bürokratie
Das deutsche Baurecht umfasst eine Vielzahl von Gesetzen und Vorschriften, die kontinuierlich mehr werden. Die aktuell rund 3.700 Gesetze erhöhen Kosten und Bauzeit enorm, selbst wenn nicht jede Regelung bei einem Neubauprojekt zu beachten ist. Die geltenden Klima-, Brand- und Schallschutznormen sowie Sicherheitsvorgaben sind ebenfalls mit hohem organisatorischem und zeitlichem Aufwand verbunden. Erschwerend kommt hinzu, dass die jeweiligen Bauordnungen von den Ländern festgelegt werden, ein Teil muss sogar auf kommunaler Ebene geregelt werden. Das sorgt in Deutschland für eine sehr uneinheitliche rechtliche Situation, unter der vor allem überregionale Baugesellschaften und Projektentwickler leiden. Denn was in einem Bundesland gefordert wird, um eine Baugenehmigung zu erhalten, reicht vielleicht in einem anderen nicht aus. Die Konsequenz ist, dass die Konzerne deswegen weniger standardisieren können, als technisch möglich ist, was zu noch höheren Planungs- und Baukosten führt.
Es liegt also in erster Linie an den hohen Kosten und der geringen Verfügbarkeit von geeignetem Bauland, dass in Deutschland so wenig Neubau entsteht. Einige der Probleme, darunter die überbordende Bürokratie, kann und will die Politik angehen und lösen, doch das allein wird die nötige Wende auf dem Wohnungsmarkt wohl kaum bewirken. Wie sich die Leitzinsen, die Inflation und die Verfügbarkeit von Rohstoffen, Materialien und Fachkräften in Zukunft entwickeln werden, lässt sich ebenfalls nur zum Teil durch politische Maßnahmen steuern.